Freitag, 5. Oktober 2012

NEUES September/Oktober 2012



Beim Treffen des Vorstandes der Pfarrerinitiative mit den Diözesanvertretern am 1./2. Juli in Puchberg habe ich für die Mitglieder der Diözese Innsbruck teilgenommen. In sehr konstruktiver Atmosphäre wurde erarbeitet, wofür die Pfarrerinitiative steht: für eine Seelsorge auf Augenhöhe, für eine Kirche im Sinne des II. Vatikanischen Konzils und für eine Spiritualität genährt aus der Bibel und der Wahrnehmung der Zeichen der Zeit.

Am 10. September haben wir Pfarrerinitiative-Mitglieder der Diözese Innsbruck zum 4. Mal getroffen. An folgenden Schwerpunktthemen arbeiten wir in nächster Zeit:

  • -          Kriterien für die Übernahme zusätzlicher Pfarren/Aufgaben – stärkere Beteiligung von Laien an der Gemeindeleitung
  • -          Stärkung der WortgottesdienstleiterInnen
  • -          Förderung des Diakonates
  • -          Kommunionempfang und Segnung von Geschieden-Wiederverheirateten
  • -          Förderung zeitgemäßer Spiritualität
  • -          Pastoral im Krankenhaus
  • -          Leitungs- und Predigtdienst von Frauen

Bei der Wahl der Diözesansprecher wurden Dekan Bernhard Kranebitter und Dekan Franz Neuner (Stv.) einstimmig mit je einer Enthaltung auf zwei Jahre gewählt.

Auf Initiative der Mitglieder der Pfarrerinitiative der Diözese Innsbruck wurde der Text der zweiten Anmerkung zum „Aufruf zum Ungehorsam“ bezüglich „priesterlose Eucharistiefeier“ überarbeitet. Er lautet nun: 

„Der „Aufruf zum Ungehorsam“ mit seinem provokanten Kunstbegriff der „priesterlosen Eucharistiefeier“ ist der Form nach ein dramatischer Notruf und keine theologische Grundlegung. Wegen der aufgetretenen Missverständnisse stellen wir klar, dass für uns zur Eucharistiefeier das Hochgebet und der ordinierte Priester gehören. 

Allerdings wird vielen berufenen, geeigneten Christen und Christinnen der Zugang zur Priesterweihe von den Bischöfen verwehrt, weil diese am Pflichtzölibat festhalten und auch nicht bereit sind, über die Priesterweihe der Frau nachzudenken. Auch belegen sie Priester, die geheiratete haben weiter mit dem Verbot, ihrer Berufung nachzukommen. In mehr als der Hälfte der katholischen Gemeinden der Weltkirche wird wegen des dadurch entstandenen Priestermangels der Sonntagsgottesdienst als Wortgottesfeier gestaltet, um die Gemeinschaft im Glauben lebendig zu erhalten.

Wir streben weiterhin die Eucharistiefeier mit dem Priester als Vorsteher und Verbindungsglied zur gesamten Kirche an. Wenn die Kirchenleitung immer mehr Gemeinden für die Eucharistiefeiern keinen Vorsteher mehr zur Verfügung stellt, fragen diese Gemeinden mit Recht, wie sie nun zu ihrer Eucharistiefeier kommen und ob es nicht neue Wege dorthin geben muss.“
Bernhard Kranebitter

Sonntag, 10. Juni 2012

Bischof Erwin Kräutler: „Eine weltweite Befragung könnte den Stillstand überwinden

Ein Interview mit Bischof Erwin Kräutler ist am 5. Juni 2012 in den "Salzburger Nachrichten" erschienen.

Der gebürtige Vorarlberger Erwin Kräutler ist seit 1980 Bischof am Xingu in Brasilien. Für 900 Gemeinden hat er 30 Priester zur Verfügung. Die SN fragten „Dom Erwin“, wie der Reformgeist in der katholischen Kirche 50 Jahre nach dem II. Vatikanischen Konzil wieder aufleben könnte.
Rom soll alle Bischöfe weltweit befragen&

„Rom soll alle Bischöfe weltweit befragen“ 05.06.2012

Reform. „Der Blaulichtpfarrer – das kann es nicht sein“, sagt Erwin Kräutler. Eine weltweite Befragung könnte den Stillstand überwinden.

josef Bruckmoser Der gebürtige Vorarlberger Erwin Kräutler ist seit 1980 Bischof am Xingu in Brasilien. Für 900 Gemeinden hat er 30 Priester zur Verfügung. Die SN fragten „Dom Erwin“, wie der Reformgeist in der katholischen Kirche 50 Jahre nach dem II. Vatikanischen Konzil wieder aufleben könnte.

Was ist der Mehrwert des Konzils für die Kirche in Brasilien? 

Kräutler: Sehr beeindruckt hat mich das Konzilsdokument „Gaudium et spes“ (Kirche in der Welt von heute). Das fängt so an: Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art, sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi. Das hatte für Lateinamerika eine große Konsequenz: den Blick der Kirche auf die Armen und Bedrängten.

Die große Mehrheit der Bischöfe in Lateinamerika steht hinter dem Konzil, aber viele von ihnen erwarten sich noch mehr davon. Sie sagen: Der Geist des Konzils darf nicht ausgelöscht werden.

Was erwarten diese Bischöfe noch? Was ist offen vom Konzil? 

Kräutler: Die seelsorgliche Dimension muss weitergeführt werden. Da ist das Konzil für mich noch nicht abgeschlossen. Hier in Europa ist die Zusammenlegung von Gemeinden und die Überforderung von Priestern ein großes Thema. Der Priester fährt von Ort zu Ort, darunter leidet seine Einbindung in das Gemeindeleben und seine Beziehung zu den Menschen. Der Blaulichtpfarrer – das kann es nicht sein.

In meiner Diözese in Brasilien haben wir 30 Priester für 900 Gemeinden mit 600.000 Menschen auf einem Gebiet, das viereinhalb Mal so groß ist wie Österreich. 

Bei uns in Europa würden alle fragen: Wie geht das? 

Kräutler: Ja, hier spüre ich oft die Frage, ob es da noch Kirche gibt. Und ich sage: Ja, es gibt Kirche, weil Laien in ihren Gemeinden Verantwortung übernehmen. Sie halten Sonntag für Sonntag Wortgottesdienste, Frauen und Männer, mehrheitlich Frauen. Zur Eucharistie mit dem Priester können sie sich aber nur drei, vier Mal im Jahr um den Altar versammeln.

Da stellt sich die Frage, ob diese Menschen nicht ein Recht auf die sonntägliche Messfeier haben. Ich sage: Ja, sie haben ein Recht. Da muss sich die Kirche im Geist des Konzils etwas einfallen lassen. Ich will jetzt gar nicht sagen was, sondern ich sage: Wir müssen anfangen, ernsthaft darüber zu reden. 

Das heißt, die Anliegen der österreichischen Pfarrerinitiative in Hinblick auf das Priesteramt sind auch eure Anliegen. Das sind keine regionalen europäischen Fragen? 

Kräutler: Nein, es ist eine Frage der gesamten Weltkirche. Wir haben in Brasilien auch junge Priester, aber wir hinken zahlenmäßig furchtbar hinter dem nach, was die Gemeinden brauchen. Die gesamte Weltkirche muss darüber nachdenken, was wir tun können, dass die Menschen, die jeden Sonntag zur Kirche gehen, dort auch die Eucharistie, das Brot des Lebens, empfangen können. 

Diese Frage haben wir brasilianischen Bischöfe in Rom schon mehrere Male vorgebracht. Bei der Amerika-Synode 1997 haben wir sie als Thema vorgeschlagen, aber wir sind damit nicht durchgekommen. Heute kann man diese Frage nicht mehr wegschieben. Derzeit herrscht Stillstand. Wie kann die Priesterfrage auf der Ebene der Weltkirche zum Thema werden? Was tun außer abwarten? 

Kräutler: Abwarten ist zu wenig. Die Kirchenleitung sollte wirklich einen ernsthaften Schritt dahin tun, dass sie sagt: Gut, Leute, wir beginnen, darüber zu reden. 

Die Priesterfrage muss ein Thema der Weltkirche werden. Ich glaube allerdings nicht, dass eine Bischofsversammlung in Rom dafür ein geeigneter Weg ist.Welchen Weg sehen Sie? 

Kräutler: Eine richtige Umfrage unter allen Bischöfen auf der ganzen Welt: Was ist deine Meinung, wie stehst du dazu, was sagen deine Leute? Redet mit den Priestern, den Ordensleuten, den Laien. Macht eine Versammlung und bildet euch eine Meinung. 

Ich sehe darin wirklich eine Möglichkeit, dass wir einen Schritt vorwärtskommen. Man würde endlich von allen Gemeinden weltweit eine qualifizierte Meinung erfahren. Das ist der Puls der Weltkirche, den man erspüren muss. Und diese Meinung muss ernst genommen werden. Wir glauben daran, dass der Geist Gottes mit uns allen ist, nicht mit einer Einzelperson. Das sagt die Apostelgeschichte ganz klar.

Nach einer solchen Befragung müsste ein Gremium geschaffen werden – mit dem Papst und unter dem Papst –, das sich mit diesem Puls der Weltkirche befasst. Da kann man dann schauen, ob ein neues Konzil sinnvoll ist oder eine andere repräsentative Großversammlung wie die Versammlungen der Bischöfe Lateinamerikas. 

Aber hat nicht in Lateinamerika selbst die Befreiungstheologie ihren Höhepunkt überschritten?
Kräutler: Absolut nicht. Die Befreiungstheologie hat heute noch ihren Stellenwert und muss ihn haben, weil sie biblisch ist. Und sie ist beheimatet in den Basisgemeinden, die auf lateinamerikanischem Boden gewachsen sind. Dagegen sind die neuen Bewegungen – katholische Movimenti und Pfingstbewegungen – alle im Ausland entstanden und nach Lateinamerika importiert worden. 

Die werden aber von der Kirchenleitung stark gefördert. 

Kräutler: Ich würde diesen Bewegungen auch keinesfalls alles absprechen, aber ich will ganz bewusst die andere Erfahrung der kirchlichen Basisgemeinden in Lateinamerika zur Sprache bringen. Wir können diese Talente, die wir in Lateinamerika haben, nicht vergraben. Aber wir können sie nur über den Teich bringen, wenn eine Offenheit dafür da ist.Diese Offenheit für die Befreiungstheologie hat es jedenfalls in Rom zu keiner Zeit gegeben. 

Kräutler: Das kann ich nicht leugnen. Die Aufbruchstimmung nach dem Konzil war eine andere Zeit. Die hat eine kalte Dusche erlebt. Anstatt auf die Kirche in Lateinamerika zuzugehen, hat man von vornherein gesagt, die Befreiungstheologie habe ausgedient. Da bin ich absolut nicht einverstanden. Eine Theologie, die auch auf dem Boden lateinamerikanischer Märtyrer gewachsen ist und immer noch wächst, hat nicht ausgedient. Das ist ein Schlag ins Angesicht. Keine große Theologie hat ausgedient. Ich würde nie sagen, dass Thomas von Aquin (1225–1274) ausgedient hat. 

Es gibt in Europa viele jüngere Priester, die konservativ denken und die Berufung auf das II. Vatikanische Konzil als Nostalgie betrachten. Wie ist das in Brasilien? 

Kräutler: Ich habe diese und jene. Ich habe jüngere Priester in meiner Diözese, für die sind das Konzil und die Befreiungstheologie sehr wichtig. Die setzen sich für die Armen ein. Sie geraten deshalb mit Behörden in Konflikt, wenn sie die Menschenrechte verteidigen. Das sind junge Priester, die sehr fromm sind, sehr kontemplativ, die sich aber gleichzeitig so sehr für das Volk einsetzen, dass ich eine helle Freude daran habe. 

Aber es gibt auch die anderen, die – so sehe ich das – gern die Institution Kirche vertreten. Sie freuen sich, weil ihr Stellenwert als Priester in den Movimenti ganz groß herausgestrichen wird. 

In diesen Bewegungen ist der Priester wieder hoch angesehen. 

Kräutler: Ja, diese Priester sind angesehen. Aber die anderen, die aus der Befreiungstheologie herauskommen, hat das Volk wirklich gern. Das ist der Unterschied.

Dienstag, 1. Mai 2012

Wir trauern um unser verstorbenes Mitglied Pfarrer Msgr. Dr. Adolf Karlinger, der am Donnerstag nach Ostern verstorben ist.

Sein Primiz- und Leitspruch war: Wir sind nicht Herren eures Glaubens, sondern Diener eurer Freude. 2 Kor 1,24

Voll Dankbarkeit vertrauen wir ihn unserem auferstandenen Herrn an. Er vollende ihn in der Fülle Seines Lebens!


Pfarrbrief von Dr. Karlinger im April 2012
Liebe Pfarrgemeinde!


Gleichzeitig mit der Wahl des neuen Pfarrgemeinderates im März 2012 wird auch der Pfarrkirchenrat, der bei den wirtschaftlichen Belangen der Pfarre mitentscheidet, neu bestellt. Im nächsten Pfarrbrief werde ich über die Zusammensetzung des Pfarrgemeinde- und Pfarrkirchenrates berichten. Ich kann aber jetzt schon sagen, dass ich über die große Breitschaft nicht weniger Pfarrangehöriger, das Leben der Pfarrgemeinde mitzugestalten, sehr erfreut bin. Ich bekomme immer wieder die Rückmeldung, dass sich viele in unserer Pfarre gut aufgehoben wissen und wohl fühlen. Dies hängt meines Erachtens auch damit zusammen, dass wir uns sehr bemühen, der Botschaft Jesu zu entsprechen und kirchenrechtlichen Bestimmungen, die m.E. dieser Botschaft widersprechen, den Gehorsam verweigern. Das Zweite Vatikanische Konzil hatte ja das „aggiornamento“ die Zeitgemäßheit der Kirche zum Ziel, um ihre Aufgabe in der Welt von heute erfüllen zu können.

Der Aufruf zum „Ungehorsam“ der Pfarrer-Initiative um den bekannten Wiener Priester Helmut Schüller richtete sich ja nicht direkt gegen die Kirchenleitung, sondern bereits durchgeführte Praktiken, die dem Geist Jesu entsprechen, aber laut Kirchenrecht verboten sind. Ein notwendig geforderter Ungehorsam also. Und wäre in dieser Aktion das Wort „Ungehorsam“ nicht verwendet worden, dann wäre von Anfang an alles im Sand versickert. Ich denke zuerst an den Ausschluss von der Kommunion und das Verbot einer Segensfeier bei Geschieden-Wiederverheirateten.

Ein zweiter großer Bereich ist das starre Festhalten der Kirchenleitung am Zölibat, geradezu bedingungslos, was den immer weniger und älter werdenden Priestern, auf den Kopf fällt. Sie sollen immer mehr Pfarren übernehmen. Da ist eine bodenständige und persönliche Seelsorge nicht mehr möglich. Man spricht schon zynisch vom Blaulichtpfarrer oder Auspuffpfarrer, weil man nach dem Gottesdienst sein Auto nur mehr von hinten sieht. Wenn ich etwas zu sagen hätte, ich würde am Zölibat grundsätzlich festhalten, aber auch den verheirateten Priester zulassen wie dies in der griechisch katholischen – einer zum Papst gehörenden Kirche – und in allen Schwesterkirchen der Fall ist. Und warum sollte nur der zölibatär lebende Priester eine Pfarre leiten dürfen? Es gibt doch auch Diakone und nicht geweihte, die befähigt und berufen sind. Das Zweite Vatikanische Konzil hat weitsichtig das allgemeine Priestertum aller Getauften in Erinnerung gerufen und bekräftigt.

Die derzeitige Kirchenleitung verweigert in einer sich radikal ändernden Welt notwendige Reformen und verzichtet lieber auf kritische Glaubensschwestern und –brüder. „Gesundschrumpfen“ heißt das un-christliche Wort, statt Jesus Christus als „Licht der Völker“ glaubwürdig der Welt von heute zu verkünden.

Mir persönlich geht es als Pfarrer gut und meine Arbeit hat Sinn. So erfahre ich es. Ich spüre aber eine große Diskrepanz zwischen dem öffentlichen Image und meiner persönlichen Wahrnehmung. Ich glaube, dass die Botschaft, die der Kirche anvertraut ist, sehr viele Menschen nicht verstehen, was nicht nur ihre eigene Schuld ist. Ich verstehe die Selbstdarstellung der Kirche auch immer weniger, die Selig- und Heiligsprechungen wirken auf mich inflationär und ein Zeichen des Rückzugs der Kirche in die „Kirche“. Was ist die Chance, die Aufgabe, die Sendung der 1,2 Milliarden Katholiken? In der Welt von heute!


Dr. Adi Karlinger
www.karlinger-adolf.at

Freitag, 3. Februar 2012

PROTEST FÜR EINE GLAUBWÜRDIGE KIRCHE

Seit dem „Aufruf zum Ungehorsam“, in dem wir uns dazu bekennen, künftig in eigener Verantwortung Zeichen der Erneuerung unserer Kirche zu setzen, kam von vielen Seiten aus dem In- und Ausland Zustimmung und Ermutigung – von bischöflicher Seite jedoch vorwiegend Zurückhaltung, bisweilen auch heftige Ablehnung. Zu einem Dialog kam es nur selten und abseits der Öffentlichkeit. Wir aber setzen dem gegenwärtigen Aushungern der Gemeinden und der Seelsorge unter dem Druck des Priestermangels und der Überalterung des Klerus mehrfach ein entschiedenes NEIN entgegen:

1    Wir sagen NEIN, wenn wir zusätzlich immer weitere Pfarren übernehmen sollen, weil uns das zu reisenden Zelebranten und Sakramentenspendern macht, denen die eigentliche Seelsorge entgleitet. Wir widerstehen damit dem Trend, an vielen Orten flüchtig anwesend zu sein, aber keine spirituelle und emotionale Heimat zu finden und anzubieten.

2    Wir sagen NEIN zu immer mehr Eucharistiefeiern am Wochenende, weil so die vielen Dienste und Predigten zu oberflächlichem Ritual und allzu routinierter Rede werden, während Begegnung, Gespräch und Seelsorge verkümmern. Kurz vor der Messe anzukommen und gleich danach weiterzufahren, macht unseren Dienst zur hohlen Routine.

3    Wir sagen NEIN zur Zusammenlegung oder Auflösung der Pfarren, wenn sich keine Pfarrer mehr finden. Hier wird der Mangel zum Gesetzgeber erhoben, statt dem Mangel durch die Änderung unbiblischer Kirchengesetze abzuhelfen. Das Gesetz ist für den Menschen da – und nicht umgekehrt. Gerade das Kirchenrecht hat den Menschen zu dienen.

4    Wir sagen NEIN zur Überforderung der Pfarrer, die man in einen mehrfachen Pflichterfüllungsstress drängt, deren Zeit und Kraft für ein geistliches Leben wegadministriert wird und deren Dienste weit über das Pensionsalter hinaus beansprucht werden. So kann sogar das früher verdienstvolle Wirken durch allzu lange Beanspruchung beschädigt werden.

5    Wir sagen NEIN, wenn das Kirchenrecht ein allzu hartes und unbarmherziges Urteil spricht: über Geschiedene, die eine neue Ehe wagen, über gleichgeschlechtlich Liebende, die in Partnerschaft leben, über Priester, die am Zölibat scheitern und deshalb eine Beziehung eingehen – und über die Vielen, die ihrem Gewissen mehr gehorchen als einem von Menschen gemachten Gesetz.

Weil Schweigen als Zustimmung verstanden wird und wir unsere Verantwortung als Priester und Seelsorger wahrnehmen wollen, müssen wir diesen fünffachen Protest aussprechen. Er ist ein „Pro-test“ im wörtlichen Sinn: ein „Zeugnis für“ eine Kirchenreform, für die Menschen, deren Seelsorger wir sein wollen, und für unsere Kirche.  Die Freudlosigkeit des heutigen Kirchenbetriebs ist kein gutes Zeugnis für die „frohe Botschaft“, die uns bewegt. Denn wir wollen „nicht über den Glauben herrschen, sondern der Freude dienen“(2 Kor 1,24).