22.09.2017
Der neue Bischof und der Prozess der Bischofsernennungen
Stellungnahme der Mitglieder
der Pfarrerinitiative der Diözese Innsbruck und der Pfarrerinitiative
Österreich
Rom hat nach von der Diözese
Innsbruck noch nicht bestätigten Berichten mit MMag. Hermann Glettler einen
neuen Bischof der Diözese Innsbruck ernannt, der Laien und Priestern wenig
bekannt ist und von auswärts kommt. Mit Befremden müssen wir das
zur Kenntnis nehmen.
Hermann Glettler hat aber einen ausgezeichneten Ruf als
Seelsorger. Er ist bekannt für seine Menschennähe und für seine
Glaubensverkündigung auf der Höhe unserer Zeit. Er stand in seiner Pfarre St.
Andrä in Graz in lebendigem Kontakt mit den Menschen anderer Sprache und
Religion sowie mit Flüchtlingen. Glettler ist selbst künstlerisch tätig und
steht in regem Austausch mit Künstlern, mit denen er eindrückliche Projekte
verwirklicht hat.
Beim
Treffen des Priester- und Laienrates der Diözese Innsbruck am 9.1.2016 wurden
in einem qualifizierten Prozess ein Anforderungsprofil für einen künftigen
Bischof der Diözese erstellt und geeignete Kandidaten dafür ermittelt. Hermann
Glettler war zwar nicht unter den 14 vorgeschlagenen Personen, die das größte
Vertrauen gefunden hatten, erfüllt aber in hohem Maß das erstellte Anforderungsprofil.
Diese Form
der Beteiligung des Kirchenvolkes der Diözese an der Ermittlung des künftigen
Bischofs vor 20 Monaten wurde von Bischof Dr. Manfred Scheuer angeregt und vom
Apostolischen Nuntius Erzbischof Peter Zurbriggen gutgeheißen.
Größten
Unmut hat die 20-monatige Dauer des Ernennungsprozesses eines neuen Bischofs
hervorgerufen. Dass es die Verantwortlichen in Rom dabei auch nicht für nötig
gehalten haben, Erklärung oder Rechenschaft zu geben, zeugt von abgehobener,
zentralistischer Machtausübung eines Systems.
Die
grundlegende Reform des Prozesses der Bischofsernennungen ist unverzichtbar!
Die Beteiligung der Verantwortlichen und des Kirchenvolkes einer Diözese darf nicht
vom Wohlwollen Einzelner abhängen, sondern muss kirchenrechtlich bindend werden.
Papst
Franziskus selbst hat bei der 50-Jahr-Feier der Bischofssynode im Oktober 2015
eine Dezentralisierung eingemahnt und an das Anliegen erinnert, „'gemeinsam
voranzugehen' – Laien, Hirten und der Bischof von Rom“. Das derzeitige Vorgehen
bei Bischofsernennungen missachtet diesen Wesenszug der Kirche, basiert auf dem
Misstrauen gegenüber der Ortskirche und geschieht unter erheblicher Geringschätzung
der Würde des Kirchenvolkes. Über Jahrhunderte hindurch war dagegen die Wahl
des Bischofs durch Klerus und Volk die Weise der Bischofsbestellung
schlechthin: „Wer allen vorstehen soll, muss auch von allen gewählt werden.“
(Papst Leo I., der Große, 440-461)
Aus
biblischen, theologischen, spirituellen und kirchenbürgerrechtlichen Gründen
ist eine Reform überfällig:
–Frauen und Männer des diözesanen
Kirchenvolkes, besonders die gewählten und ernannten Verantwortlichen der
diözesanen und dekanatlichen Räte, sind bei der Ernennung eines Bischofs
mitverantwortlich zu beteiligen.
–Schluss mit der Geheimniskrämerei,
welche Personen wozu befragt werden und wer die Entscheidungen nach welchen
Kriterien trifft! Der Prozess der Bischofs-ernennungen ist unter Wahrung der
Vertraulichkeit transparent zu gestalten. Dabei soll auch die bewährte
Tradition der gemeinsamen spirituellen Ent-scheidungsfindung angewendet und
fruchtbar gemacht werden.
–Die Kirchenleitung hat die
Verantwortung, unter Einbindung der Ortskirche, in wesentlich kürzerer Zeit (im
Konzil von Chalcedon, 451, wurden 3 Monate dafür bestimmt) für eine Bischofsnachfolge
zu sorgen.
–Der derzeitige Modus der Bischofsernennungen
zeigt die Dringlichkeit einer Erneuerung der Theologie des Amtes des Bischofs
und des Priesters auf Grundlage eines evangelien- und zeitgemäßen Kirchen- und
Gottesbildes.
Vom neuen Bischof erwarten wir gemäß der Einladung von
Papst Franziskus mutige Vorschläge für die Erneuerung der Kirche. Dazu werden
wir die Zusammenarbeit mit ihm suchen und wünschen ihm Gottes Geist und Segen!