Die weltweit
wichtigsten Entscheidungsträger der katholischen Kirche waren zu dieser
Konferenz gegen Missbrauch in der Kirche gekommen: Die Vorsitzenden der
Bischofskonferenzen aller Erdteile mit ihren so unterschiedlichen kulturellen
Perspektiven.
Sie
diskutierten 21 Reformanliegen, die Papst Franziskus vorgelegt hatte. Wir
können feststellen, dass die meisten davon in unserer Diözese Innsbruck bereits
seit 2010 verwirklicht sind: Die Zusammenarbeit mit der staatlichen
Gerichtsbarkeit ohne jede Vertuschung, eine Rahmenordnung der österreichischen
Bischofskonferenz gegen Missbrauch, die Einrichtung einer diözesanen
Ombudsstelle für Opfer kirchlicher Gewalt und einer unabhängigen Kommission mit
Fachleuten von außen, eine diözesane Stabsstelle für Kinder- und Jugendschutz,
Zahlungen als Entschädigung und für Therapie, Bestrafung der Schuldigen, …
Von
erschütternder Kraft waren bei dieser Konferenz in Rom die persönlich
vorgetragenen Berichte von Opfern klerikalen Missbrauchs, auch beim
Bußgottesdienst mit dem Eingeständnis der Schuld der Kirche durch die Bischöfe
mit dem Papst. Per Live-Stream konnte man dieser Liturgie folgen. Besonders stark
waren die Stellungnahmen einer afrikanischen Ordensoberin und einer
mexikanischen Journalistin. Letztere fragte die Bischöfe eindringlich: Habt ihr
wirklich entschieden, dass ihr auf der Seite der Opfer von Missbrauch steht?
Deutlich
sprach Kardinal Marx kirchenrechtliche Gründe für Missbrauch in der
katholischen Kirche an. Dabei nannte er das Päpstliche Geheimnis, das nicht nur
das Opfer und die Rechte eines Angeklagten schützt, sondern auch die vatikanischen
Behörden der Kontrolle, der Rechenschaftspflicht, der Transparenz und
Nachvollziehbarkeit entzieht.
Bischof Marx
erinnerten auch an den Missstand, dass im geltenden Kirchenrecht nur Priester
und Bischöfe die Möglichkeit haben, gegen kirchliche Verwaltungsakte und
Strafurteile Widerspruch einzulegen.
Erst einen
Tag nach der Konferenz wurden konkrete Vorhaben veröffentlicht: Ein für alle
Diözesen absolut verbindliches Regelwerk für den Umgang mit Missbrauch und eine
Task Force, die die Diözesen bei dessen Umsetzung unterstützen wird.
Die systemischen
Gründe für Missbrauch, wie die klerikale, bischöflich-monarchische,
männerbündischen Drei- Stände-Verfassung der Kirche, die den Missbrauch von
Macht begünstigen, wurden noch wenig bedacht. Auch der Zusammenhang mit dem die
Pfarrgemeinden bedrängenden Priestermangel wurde noch wenig wahrgenommen.
Die Bischöfe
und der Papst haben kirchenrechtlich alle Macht in ihren Händen. Ob sie diese
Macht im Dienst am Evangelium, an der gesamten Tradition, an den Menschen und
der Kirche entschieden einsetzen, um die Verfassung und die Lehre der Kirche
von autoritären und überkommenen alten Zöpfen zu befreien? Oder ob sie die
Konzentration der Macht in ihren Händen schützen?
Liebe Brüder
Bischöfe: ihr habt es in der Hand! Zu einer
wieder glaubwürdigen Kirche ist es noch ein weiter Weg, die Richtung aber
stimmt. Habt den Mut
weiterzugehen! Die Zeichen der Zeit sind deutlich und drängend! Lassen wir
unsere Pfarrgemeinden nicht im Stich!
Dekan Bernhard Kranebitter, Sprecher der Pfarrerinitiative
Innsbruck