Predigt von Pfr. Bernhard Kranebitter am 10.2.19
In dieser Woche waren die Nachrichten voll von Berichten zu
dem Gespräch von Kardinal Christoph Schönborn mit der jungen ehemaligen
Ordensfrau Doris Wagner im bayerischen Fernsehen.
Doris Wagner hat in zwei Büchern von ihrer Missbrauchserfahrung
in ihrer kirchlichen Gemeinschaft und konkret auch vom sexuellen Missbrauch durch
einen Priester und sexueller Bedrängung durch einen zweiten geschrieben. Der
Titel des ersten Buches „Nicht mehr ich. Die wahre Geschichte einer Ordensfrau.“
In ihrem zweiten Buch beschreibt sie den „Spirituellen Missbrauch in der
katholischen Kirche“.
Der zweite Priester war viele Jahre in leitender Position in
der Glaubenskongregation tätig und ist wie in der TT und in ZEIT-online berichtet,
erst Ende Jänner dieses Jahres zurückgetreten. Für uns in der Diözese Innsbruck
ist dabei besonders verstörend, dass er es war, der in den vergangenen Jahren
gezielt negative Nachrichten diskreditierend über Personen unserer Diözese
gesammelt und kirchenpolitisch eingesetzt hat. Das hat Bischof Manfred Scheuer immer
wieder große Schwierigkeiten bereitet und war ein wichtiger Grund, warum der
Prozess der letzte Bischofsernennung so lange gedauert hat und so unerfreulich
gelaufen ist, wenn auch mit einer letztendlich wirklich guten Bischofsernennung.
Es ist mir wichtig, dass wir der bekannten und unbekannten Opfer
solchen Geistlichen Missbrauchs auch in unseren Gottesdiensten gedenken, dass
wir der Opfer auch unter den Mädchen von Martinsbühel und wo auch immer
gedenken. Wo wenn nicht hier in der Gegenwart des gekreuzigten und
auferstandenen Herrn, der selbst zum Opfer geworden ist, können und sollen wir
das tun. Wir beten auch für die Täter, die nicht selten selbst Missbrauch
erlebt haben.
Und es ist wichtig zu sagen, wo es höchste Zeit ist nicht bei
der Betroffenheit stehenzubleiben, sondern weiterführend zu handeln. Die
Einrichtung der diözesanen Stabsstelle für Kinder- und Jugendschutz, der
Ombudsstelle für Opfer von Gewalt, der diözesanen Kommission und der Klasnic
Kommission mit ihren finanziellen und therapeutischen Hilfeleistungen in
unserer Diözese waren wichtige Schritte.
Nun aber müssen entschieden die „systemischen“ Gründe
angegangen werden. Wir wissen inzwischen zur Genüge, dass geistlicher und
sexueller Missbrauch seine Wurzel im Missbrauch von Macht innerhalb
intransparenter, autoritärer Strukturen hat. In der Kirche ist das der
klerikalistische Machtmissbrauch von Bischöfen und Priestern. Dieser kann sich
so hartnäckig halten, weil die Kirche juristisch so etwas ist wie eine
absolutistische Monarchie ist. Rechtlich gesehen liegt bei ihr alle Macht bei
den männlich-zölibatären Bischöfen und Priestern. Ich bin zwar überzeugt, dass
ein Großteil der Bischöfe und Priester diese Macht mit großem Einsatz als einen
aufbauenden Dienst an allen Gläubigen einsetzt. Aber diese Macht kann auch
leicht dazu verführen sie für sich und gegen andere zu missbrauchen.
Es braucht dringend Grundrechte für alle Getauften in der
Kirche, es braucht eine volle Rechenschaftspflicht von Bischöfen und Priestern
sowie Kontrolle, es braucht die Reform
eines übersteigerten und sakrosankten Priesterbildes und die volle gleichberechtigte
Beteiligung der Frauen bis hinein in alle Ebenen der Leitung und des Amtes.
Kardinal Schönborn hat beim Gespräch mit Doris Wagner einen
menschlichen Mut gezeigt. Jetzt aber braucht es Entscheidungen auf der Ebene
des Kirchenrechtes und der Kirchenverfassung, auch vom Kardinal selbst, von den
Bischöfen und vom Papst. Auch deshalb, weil wir in unserer Diözese inzwischen
ganze Seelsorgeräume nicht mehr besetzen können: z.B. muss der Pfarrer und
Dekan von Telfs bis Ende August zusätzlich die Verantwortung für den
Seelsorgeraum Inzing-Hatting-Polling übernehmen.
Was hilft uns in dieser verstörenden Zeit? Die Erinnerung,
dass wir nicht an die Kirche, sondern an das Kommen des Reiches Gottes und den
dreieinigen Gott glauben. Mein Namenspatron der Hl. Bernhard hat es einmal
etwas kompliziert so formuliert: weswegen ich nicht gekommen bin, deswegen gehe
ich auch nicht. Wir sind letztlich nicht wegen Bischöfen, Päpsten und Priestern
zum Glauben gekommen, so wichtig sie oft auch für uns gewesen sein mögen. Der
Grund, auf dem wir stehen ist das Evangelium vom erlösenden, gekreuzigten und
auferstandenen Jesus Christus. So haben wir Im Eingangslied gesungen: „Stelle
dich auf festen Grund, auf Gott, der dich und mich, die ganze Welt, die ganze
Welt in seinen Händen hält. Unser Leben ist gegründet in Gott, dem Vater … in
Christus … im Geiste, der uns drängt zur Tat …“ David 167.
Bernhard Kranebitter, Pfr.
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