Pfarrerinitiative Diözese Innsbruck
Am 2. April 2006 hat sich in St. Pölten die Pfarrerinitiative konstituiert: Eine Bewegung für lebendige Gemeinden und gegen das Aushungern der Pfarren.
Ihre Anliegen sind in der Grundsatzerklärung „Mit drängender Sorge“ formuliert:
„Wir Pfarrer beobachten mit drängender Sorge und wachsender Unzufriedenheit, wie die Leitungsverantwortlichen in den Ortskirchen und in der Weltkirche derzeit mit den großen offenen Fragen und Problemen in unserer Kirche umgehen: …
Am 19. Juni 2011 hat der Vorstand der Pfarrerinitiative den „Aufruf zum Ungehorsam“ veröffentlicht.
Diese Veröffentlichung geschah ohne Information der Mitglieder. Zwei Mitglieder der Pfarrerinitiative aus der Diözese Innsbruck, die Dekane Franz Neuner und Bernhard Kranebitter, haben in einem Interview der TT vom 10. Juli den Aufruf zum Ungehorsam differenziert kommentiert. Auch Bischof Dr. Manfred Scheuer hat darin Stellung bezogen:
In diesem BLOG lesen Sie die aktuelle Stellungnahme von Dekan Franz Neuner und Dekan Bernhard Kranebitter zur aktuellen Diskussion um die Pfarrerinitiative vor der Generalversammlung am 6. Nov. 2011 in Linz. Die weiteren diözesanen Mitglieder der Pfarrerinitiative wurden um ihre Stellungnahme angefragt. Sie ist hier aber noch nicht eingearbeitet.
AUFRUF ZUR SELBSTVERANTWORTUNG
Auf Grund des steigenden Priestermangels muss ein Pfarrer immer mehr Pfarrgemeinden übernehmen. Wir Priester kommen dadurch in die Zwangssituation, zu viel seelsorgliche Verantwortung für zu viele Menschen übernehmen zu sollen. Dies wird in zunehmendem Maße fahrlässig und wir können das vor unserem Gewissen immer weniger verantworten. Erschwerend kommen dazu noch die seit langem ungelösten Fragen des Glaubens und der Kirche in unserer heutigen Zeit.
Deshalb tragen wir die Anliegen des „Aufrufes zum Ungehorsam“ im Wesentlichen mit, sehen aber noch dringenden Bedarf, sie zu präzisieren und weiter zu entwickeln. Auch das Motto des Aufrufes soll weiterentwickelt werden zu „Aufruf zur Selbstverantwortung“.
Wir rufen unseren Papst, die Bischöfe, uns Priester und alle Verantwortlichen auf, die Augen für die Not in der Seelsorge zu öffnen und als Konsequenz aus Gebet und Glaubenserneuerung endlich auch die nötigen strukturellen Reformschritte zu setzen. Wir sehen es als unsere Verpflichtung, im abgestuften Gehorsam zuerst gegenüber Gott, dann gegenüber unserem Gewissen und schließlich gegenüber der Kirche selbstverantwortlich zu handeln.
Statistisches:
-In der Diözese Innsbruck ist das Durchschnittsalter der aktiven Priester 63 Jahre. Das durchschnittliche Pensionsantrittsalter in Österreich beträgt 58,5 Jahre. Das Durchschnittsalter der aktiven Priester liegt also 4,5 Jahre über dem durchschnittlichen Pensionsantrittsalter in Österreich.
-zum Dekanat Lienz etwa gehören 19 Pfarren und 5 Seelsorgestellen
-von den 17 aktiven Priestern im Dekant sind
-von den 17 aktiven Priestern im Dekant sind
unter 60 Jahren 4 Priester
unter 75 Jahren 7 Priester
75 Jahre und älter 6 Priester
Diözese Innsbruck: Reform im Aufbruch
Der Bischof der Diözese Innsbruck Dr. Manfred Scheuer hat in seiner Pressekonferenz vom 9. September einen Reformschritt gesetzt und weitere Reformziele formuliert:
Reform: Wiederverheiratete Geschiedene: „Hier gibt es Handlungsbedarf. Wir müssen über die Möglichkeit nachdenken, dass sie unter bestimmten Voraussetzungen wieder in die Kommuniongemeinschaft aufgenommen werden können.“ „Er werde auch keinen Pfarrer in seiner Diözese sanktionieren, der wiederverheiraten Geschiedenen die Kommunion gibt.“
Reformziele: „Dass er (Anm.: Bischof Manfred Scheuer) für die Weihe von bewährten verheirateten Männern eintritt („viri probati“), daraus macht Bischof Scheuer kein Geheimnis.“ „Wenngleich er eine höhere Wertschätzung für die Ehelosigkeit von Priestern fordert, kann er sich vorstellen, dass künftig viri probati sowie Priester, die heiraten können, und zölibatär lebende Geistliche unter einem Kirchendach vereint sind.“
„Was die … Leitung von kleinen Pfarreien von Männern und Frauen in Kooperation mit Priestern oder das Predigen von Laien in der Eucharistiefeier betrifft, so möchte Scheuer das Forderungspaket der Pfarrerinitiative aufschnüren und den Dialog auf diözesaner Ebene vorantreiben.“
Was wir wollen:
·Mit dem letzten Satz des Kirchenrechtes (CIC can. 1752) halten wir fest: Das Heil des Menschen muss in der Kirche immer das oberste Gesetz sein.
·Wir bilden ein diözesanes Netzwerk der Mitglieder der Pfarrerinitiative und laden andere Priester zur Zusammenarbeit ein.
·Wir
wollen, dass das Leben in unseren Gemeinden erhalten bleibt und sich
weiter
entfaltet. Deshalb möchten wir die dazu nötigen Reformen - auch im Rahmen der
Bildung der Seelsorgeräume und der Glaubenserneuerung - vorantreiben.
Bischof
Manfred Scheuer hat im September 2011 im Blick auf die Anliegen der
Pfarrerinitiative wünschenswerte und jetzt bereits in der Diözese realisierbare
Reformen benannt. Diese wollen wir mit ihm verwirklichen. Dabei gilt das Wort
unserer Seelsorgeamtsleiterin bei der Söllerpredigt 2011: „Trauts enk!“
·Wir möchten uns unter dem Leitwort „Aufruf zur Selbstverantwortung“ entschieden für Reformen im Sinne des II. Vatikanischen Konzils einsetzen. Dabei suchen wir die Zusammenarbeit mit allen Verantwortlichen der Kirche, mit den Bischöfen und mit allen haupt- und ehrenamtlich in der Pastoral Tätigen. Die Änderung des Mottos „Aufruf zum Ungehorsam“ ist nun wichtig,
oum eine positiver Formulierung des Anliegens zu erreichen
oum nicht zu verdunkeln, dass es uns bei Reformen gerade um den Gehorsam gegenüber Gott, unserem Gewissen und der Sendung Kirche in dieser Welt geht
oum zu verdeutlichen, dass es um Selbstverantwortung bei allen, den Getauften, den Bischöfen, Priestern und Diakonen geht
odamit wir wieder zur pastoralen Sachdebatte finden. (Vgl. Prof. Paul Zulehner am 17.08.2011 – Link: http://religion.orf.at/projekt03/news/1108/ne110817_zulehner_fr.htm
Als Anträge bringen wir bei der Generalversammlung der Pfarrerinitiative am 6. November ein:
1.Der „Aufruf zum Ungehorsam“ soll in Zukunft „Aufruf zur Selbstverantwortung“ heißen.
2.Die im „Aufruf zum Ungehorsam“ genannten Anliegen sollen unter Einbeziehung von Vertretern der Pfarrerinitiative aus anderen Diözesen Österreichs präzisiert und weiterentwickelt werden.
3.Unter den diözesanen Mitgliedern der Pfarrerinitiative sollen „Diözesansprecher“ ermittelt werden, die mit dem Vorstand in wichtigen Fragen und bei Stellungnahmen gemeinsam beraten und entscheiden.
Artikelservice:
Dekan Franz Neuner im Interview mit tirol.ORF.at
Gastkommentar Franz Neuner, TT, 25. August 2011
Reform tut not – dringend!
Treue zur Kirche und Drängen auf Erneuerung - darin sehe ich keinen Widerspruch. Allerdings finde ich den Aufruf zum Ungehorsam nicht förderlich, weil man sich jetzt daran festbeißt, anstatt endlich auf die Ebene der Anliegen zu gehen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Die Priester stellen sich ja nicht gegen die Kirche, sondern formulieren ihre Anliegen aus Sorge um diese Kirche. Hartnäckig werden anstehende Reformanliegen von Rom ignoriert und blockiert. Die unge-lösten seelsorglichen Probleme aber gefährden die pastorale Einheit der Kirche viel mehr als die „ungehorsamen Pfarrer“.
Zunächst gilt es jene Fragen in den Blick zu nehmen, auf die rasch reagiert werden kann und muss. Dazu gehören die Kommunion für Geschieden-Wiederverheiratete und eine stärkere Rolle der Laien in Leitung und Verkündigung.
Papst Benedikt XVI. betont zurecht die zentrale Bedeutung der Eucharistie als Herzstück der Kirche. Wenn die Messe am Sonntag - durch die rückläufige Zahl der Priester - aber nicht mehr in jeder Gemeinde gefeiert werden kann, ist das nicht ein Problem neben anderen, sondern ein akuter kirchlicher Notstand. Die Eucharistie darf nicht der Entscheidung über die Zugangswege zum Priesteramt geopfert werden. Über die Frage der Zulassung von verheirateten Männern und Frauen zum Priester-amt muss gesprochen werden.
Zum Christsein gehört eine beherzte Offenheit für die Zukunft und für neue Wege, die Gottes Geist uns zeigt. Diesen Wunsch verbinde ich mit den Anliegen der Pfarrerinitiative und den kommenden, hoffentlich konstruktiven Gesprächen.
Franz Neuner
Dekan in Breitenwang
TT 30. August: „Einer der führenden Kirchenvertreter Tirols, Abt Anselm Zeller, Stift Fiecht, spricht sich dafür aus, dass Europas Priester heiraten dürfen.“ „Der Zölibat ist nicht das Wichtigste. Ich glaube, Europas Priester sollen heiraten dürfen.“
Stellungnahme Bernhard Kranebitter - Orientierung, ORF 2,
Sonntag, 4. September 2011:
„Ich bin sehr gerne Pfarrer, es ist ein erfüllender, herausfordernder Beruf. Für mich könnte es keinen besseren geben. Ich bejahe für mich die zölibatäre Lebensweise als Priester, für mich ist sie ein Teil meiner Berufung.“ „Aber der relativ wichtige Wert des Zölibates ist so etwas wie eine heilige Kuh in der kath. Kirche geworden. Er wird dadurch vergötzt und noch Wichtigeres wird ihm geopfert: zum Beispiel auch schon da und dort die sonntägliche Eucharistiefeier. Ich habe oft den Eindruck, dass meiner Kirche das Prinzip des Pflichtzölibates wichtiger ist, als wir konkreten zölibatären Priester und dass wir ohne Überforderung Priester sein können. Wir brauchen heute auch verheiratete Priester, damit die zölibatären Priester auf spirituelle, menschennahe und ausstrahlende Weise Seelsorger sein können.“
„Wenn schon vor bald 2000 Jahren in der Bibel Paulus im Römerbrief, Kap. 16, von der Diakonin Phoebe spricht: dann wäre es doch heute, da uns die Geschlechtergerechtigkeit viel grundlegender aufgegangen ist, höchst an der Zeit, das Amt der Diakonin wieder einzuführen. Zur rechten Zeit ist es dann auch wichtig, dass Frauen das Priester- und Bischofsamt in der Kath. Kirche offen steht.“
siehe
Beitrag in der Orientierung am 4.9.2011 (Pfarrer-Initiative: Debatte über „Aufruf
zum Ungehorsam“ reißt nicht ab)
Danke, liebe Mitbrüder im seelsorglichen Dienst, für die Klarstellungen und die Betonung der Dringlichkeit der Änderungen zum Wohle der Menschen und der Gemeinden.
AntwortenLöschenGerne möchte ich mich der Initiative anschließen.
Liebe Grüße und Seinen Segen!
Willi